Vom BFD im Sportbereich in die Sozialberatung: Warum Shirley Forde die Arbeit in der Erstaufnahmeeinrichtung in Wünsdorf so gefällt

Als Shirley Forde 2020 ihren Bundesfreiwilligendienst (BFD) in der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Wünsdorf beginnt, weiß die Sportbegeisterte schon, wo sie in der Einrichtung unterstützen möchte: bei den Sportangeboten. Dann macht die Blankenfelderin ein Praktikum in der Sozialberatung und ist begeistert. Im Gespräch hat Shirley Forde uns verraten, was sie motiviert, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu arbeiten und an welchen Moment mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung sie sich immer wieder gerne erinnert.

Hallo Frau Forde, was machen Sie genau in der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Wünsdorf?

Derzeit arbeite ich aufgrund meines dualen Studiums drei Tage pro Woche in der Sozialberatung der Einrichtung und bin zwei Tage an der Uni. Ich habe Anfang 2021 ein Praktikum im Team Sozialberatung gemacht, als durch die Corona-Pandemie Sportangebote auch in der Erstaufnahmeeinrichtung heruntergefahren werden mussten. Ursprünglich war ich von der Brandenburgischen Sportjugend aus als Bundesfreiwilligendienstleistende im Sportbereich der Einrichtung im Einsatz und habe mit Erwachsenen, aber auch mit Kindern zusammen Sport gemacht.

Was für Sportangebote haben Sie entwickelt?

Egal, ob Stabilisationsübungen für Frauen, Workouts für Bewohner, gemeinsames Joggen oder Staffelspiele mit Kindern: Ich war überall dabei und es war immer wieder schön zu sehen, wie viel Spaß Sport machen kann. Vor allem auch das Auspowern und die Ablenkung haben kleinen und großen Bewohnerinnen und Bewohnern der Einrichtung geholfen. Und man darf nicht vergessen: Beim Sport kommen alle Nationen zusammen und schließen unkompliziert neue Freundschaften.

Trotz der Begeisterung für den Sport haben Sie in der Pandemie angefangen, in der Sozialberatung zu arbeiten. Was macht das Team Sozialberatung?

Das Team Sozialberatung sitzt sowohl im Beratungsbüro, macht Streetwork, Informationsveranstaltungen für neue Bewohnerinnen und Bewohner und muss immer zur Stelle sein, wenn mal ein Notruf kommt und es nötig ist, zu deeskalieren. Die vier groben Beratungsthemen sind Perspektivberatung, Gesundheit, Zusammenleben in der Erstaufnahmeeinrichtung und Familienberatung. Das Schöne ist: Bei der Sozialberatung lerne ich jeden Tag etwas Neues und es ist super interessant und schön, den Leuten zu helfen. Mein Praktium in der Sozialberatung hat entscheidend dazu beigetragen, dass ich nach meinem BFD weiter in der Erstaufnahmeeinrichtung arbeite. Außerdem habe ich im Oktober 2021 ein duales Studium in den Bereichen Sozialpädagogik und Management angefangen. Dadurch bin ich jetzt abwechselnd an der Uni und in der Einrichtung in Wünsdorf.

Wie sind Sie in Kontakt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Erstaufnahmeeinrichtung in Wünsdorf?

Generell bin ich im Kontakt mit Bewohnerinnen und Bewohnern, denen ich bei allen Sorgen und Problemen zuhöre. Ich habe auch schon selbst Beratungen durchgeführt und verschiedene Anträge für sie geschrieben. Natürlich habe ich ihnen auch schon Tipps und Ratschläge gegeben, wo dies möglich war. Ich habe zugehört, wenn sie mir ihre Sorgen und Probleme erzählt haben. Ich bin in meiner BFD-Zeit auch mit vielen über den Sport in Kontakt gewesen, habe sie zu Straßenfußballturnieren begleitet und angefeuert.

Was motiviert Sie, in der Erstaufnahmeeinrichtung zu arbeiten?

Es motiviert mich ungemein, die Bewohnerinnen und Bewohner in der Einrichtung glücklich zu sehen. Und zu sehen, dass sie Hilfe bekommen. Genauso motivieren mich die täglich unheimlich motivierten Mitarbeitenden des DRK vor Ort.

Inwiefern hat das Arbeiten in der Erstaufnahmeeinrichtung in Wünsdorf Sie geprägt, vielleicht sogar ihr Denken verändert?

Ich merke, wie ich mich durch das Arbeiten unterschiedlich verändert habe. Insgesamt bin ich durch die tägliche Arbeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern selbstbewusster geworden. Ich habe gelernt, besser mit gestressten, besorgten oder auch trauernden Menschen umzugehen und was es heißt, zu deeskalieren. Generell habe ich im Umgang mit Menschen super viele Erfahrungen gemacht, bin selbstständiger geworden. Außerdem weiß ich jetzt kleine Dinge viel mehr wertzuschätzen.

Frau Forde, egal, ob beim Sport mit den Geflüchteten oder aus der Sozialberatung: Gibt es einen Moment, an den Sie sich immer wieder gerne erinnern?

Ich habe vor allem immer beim Sport gemerkt, dass es da niemals so etwas wie Ausgrenzungen gegeben hat und alle Nationen „eins waren“. Das habe ich vor allem bei den Straßenfußballturnieren gemerkt. Ich erinnere mich auch total gerne an einen Nachmittag, an dem ich mit einigen Bewohnern Basketball gespielt habe und ein Bewohner anfangs nur zugeschaut hat. Der Bewohner hatte einen Arm verloren und traute sich zunächst nicht, mitzuspielen. Also fragte ich ihn, ob er nicht mitspielen wollte und er hob nur seinen Arm, so als würde er mich fragen: Wie soll ich mit nur einem Arm Basketball spielen? Ich sagte zu ihm: „Und? Willst du mitspielen?“. Der Bewohner lächelte und hatte einen Moment später einen Basketball in der Hand. Ich merkte, wie die anderen Bewohner ein bisschen vorsichtiger spielten und sich auch gefreut haben, ihn fröhlich beim Dribbeln zu sehen. Ich weiß noch, wie er kurze Zeit später einen Korb geworfen hat und alle gejubelt haben. In dem Moment habe ich Gänsehaut bekommen, als ich gesehen habe, wie sich alle gefreut haben und wie der Sport alle verbunden hat.

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