Kelvin Kioi: Der Künstler der Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain

Kelvin Kioi: Der Künstler der Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain

Ein ehemaliger Sport- und Lagerraum ist mittlerweile der Lieblingsort für Kelvin Kioi. Durch die Unterstützung des Rotkreuz-Teams kann er als Bewohner dort seinem Lieblingshobby nachgehen: der Malerei. Seine Bilder kommen so gut an, dass er im Sommer 2020 seine erste eigene Ausstellung in Berlin gegeben hat.

In der Fahrradwerkstatt an Rädern schrauben, im Fitnessraum Gewichte stemmen oder bei der Essensausgabe Mittagessen verteilen: Die Bewohnerinnen und Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain haben so einige Möglichkeiten, um die Zeit vor Ort sinnvoll und abwechslungsreich zu gestalten.

Das weiß auch Kelvin Kioi, der seit Februar 2020 in der Einrichtung lebt und sich Tag und Nacht am liebsten an seinem Lieblingsort austobt. Das ist für den Kenianer ein ehemaliger Sport- und Lagerraum, an dem er seiner Leidenschaft nachgeht: der Malerei. Dort hat er sich gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DRK-Flüchtlingshilfe seinen eigenen kleinen Kunstraum geschaffen. Ein Ort, an dem er so viel Zeit wie möglich verbringt.

Beim Malen Raum und Zeit vergessen

Egal, ob Mischpaletten, Farben oder Leinwände: Kelvin Kioi hat alles da, um seinem Lieblingshobby nachzugehen. „Ich bin so dankbar für die Unterstützung“, sagt er. Malt er, vergisst er Raum und Zeit um sich herum. Dann kann es vorkommen, dass er bis zwei Uhr morgens für Detailarbeiten mit dem Pinsel in der Hand vor Leinwänden steht.

In seinen Bildern möchte er die afrikanische und die europäische Kultur zusammenbringen, sagt er. Abstrakt, realistisch, zeitgenössisch: Kelvin Kiois Kunst ist vielfältig. Stolz ist er besonders auf das Bild einer Hornkuhherde im blutroten Sonnenuntergang, an dem er etliche Wochen gearbeitet hat. Größe der Leinwand, Detailgrad und Maltechnik beeinflussen, wie viel Zeit bis zum letzten Pinselstrich vergeht. „50 bis 60 Stunden können es schon werden. Und manchmal auch mehr, wie bei dem Bild mit der Kuhherde im Sonnenuntergang“, sagt Kelvin Kioi.

Erste Kunstausstellung in Berlin

63 Likes hat das Bild auf Instagram erhalten, wo Kelvin Kioi regelmäßig seine Kunst präsentiert. Rund 800 Menschen folgen ihm und sind an seiner Kunst interessiert. Die durfte der 30-Jährige im August und September 2020 auch in einem Hotel am Columbiadamm in Berlin präsentieren. „Das war verrückt. Ich erzählte dem Manager, dass ich mir meine Kunst in seinen Räumen gut vorstellen kann. Nachdem ich ihm Fotos meiner Werke zeigte, sagte er: Klasse. Wenn du möchtest, kannst du morgen anfangen.“

Eigentlich sollte seine Ausstellung mit dem Titel „The beauty of culture“ („Die Schönheit der Kultur“) nur zwei Tage gehen, aber wurde mehrmals verlängert. Kelvin Kioi hat in seiner ersten Ausstellung in Deutschland auch ein paar Bilder verkaufen können. Noch mehr sind ihm allerdings die Reaktionen der Besucher der Ausstellung in Erinnerung geblieben. Über das Feedback eines Mannes hat er sich besonders gefreut: „Deine Bilder gehören hier nicht her. Sie haben mehr verdient“, sagte er ihm.

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Kelvin Kiois Kunst als Wertschätzung für Frauen

Derzeit arbeitet Kelvin Kioi an einer Bilderserie zu weiblichen Staatsoberhäuptern. Zum Start hat er Angela Merkel porträtiert: „Ich bewundere Frauen als Staatsoberhäupter und möchte sie und ihre Arbeit damit wertschätzen, weil sie Länder anders führen als Männer, gut wirtschaften, Menschen besser behandeln“, sagt Kelvin Kioi.

Auf seinem Instagram-Account sieht man, dass seine Kunst auch Schwangeren Spaß macht. Dann, wenn er zum Beispiel ihren Bauch mit einer Zeichentrick-Figur verziert und die Körperbemalung fotografiert. „Es macht mich froh, den Frauen damit eine Freude zu machen und mit der Schwangerschaft einen für sie besonderen Moment festzuhalten.“

Auch weiße Wände in Kindergärten und Jugendclubs hat Kelvin Kioi schon mit Pinsel und Farbe zum Leben erweckt. Jeden Tag sucht er in sozialen Medien, auf Webseiten und in Filmen nach Personen, Gegenständen oder Momenten, die ihn inspirieren. „Leere Wände fordern mich dazu heraus, herauszufinden, wie ich sie mit Leben fülle“, sagt er. Er arbeitet immer an mehreren Bildern gleichzeitig – über Stunden und Wochen. An seinem Lieblingsort in der Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain.

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